René Steinbusch im Interview - "mebulive" Magazin 1.2023

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In der Ausgabe 1.2023 des Magazins mebulive" erklärt René Steinbusch, Geschäftsführer der EMG Germany GmbH, warum das Rebranding im Jahr 2021 für die EMG-Gruppe wichtig war und welche Technologien in Zukunft im Mittelpunkt stehen werden.

Das vollständige Interview ist auf Deutsch in der Printausgabe oder online verfügbar.

 

Das Interview ist auch auf Englisch verfügbar. Lesen Sie einfach weiter:

Der Anbruch einer neuen Ära

Die EMG-Gruppe expandiert international. Das Rebranding und die vollständige Integration von nobeo Ende 2021 waren nur der Anfang. In Zukunft sollen europaweit Synergien genutzt und in die Remote-Produktion investiert werden, verrät EMG-Deutschland-Chef René Steinbusch.

Seit Oktober 2021 firmiert die nobeo GmbH als EMG Germany. Warum ist die strategische Internationalisierung für einen TV-Dienstleister wie die EMG-Gruppe so wichtig?

René Steinbusch: Als starke Gemeinschaftsmarke der EMG werden wir heute sehr unterschiedlich wahrgenommen, sowohl national als auch international. Fakt ist, dass sich der Markt derzeit mehr und mehr konsolidiert und die Kunden starke, international aufgestellte Partner suchen - und zwar als Partner auf Augenhöhe, gerade wenn es um internationale Großveranstaltungen geht. Die Kunden versuchen zunehmend, die Zahl der Dienstleister so gering wie möglich zu halten. Dabei wünschen sich viele Auftraggeber möglichst wenige Ansprechpartner und die Gewissheit, dass das beauftragte Unternehmen überall auf der Welt reproduzierbare Leistungen erbringen kann. Für uns in Deutschland gibt es einen weiteren Effekt: Für uns steht auch der Austausch von Know-how im Vordergrund. Mit unserem Studiofokus waren wir im Vergleich zu den anderen EMG-Unternehmen etwas eingeschränkter. Jetzt haben wir die Möglichkeit, Mitarbeiter bei Produktionen einzusetzen, die von Tochtergesellschaften betreut werden. Das schafft Synergien - unsere Mitarbeiter erhalten einen Einblick in andere Arbeitsweisen und Technologien. Das Rebranding ist also auch ein wichtiges Signal für eine bessere, stärkere Zusammenarbeit, intern wie extern.

Als Sie den Vorsitz der Geschäftsführung übernahmen, sagte Shaun Gregory, dass es für EMG Deutschland ein großes Potenzial außerhalb des studiobezogenen Kerngeschäfts gibt. Was hat er damit gemeint?

René Steinbusch: Durch die engere Zusammenarbeit in der Gruppe können wir nun auch außerhalb des klassischen Studiogeschäfts in Deutschland qualitativ hochwertige Leistungen anbieten. Ein Beispiel dafür ist die NFL-Produktion in München oder mein Lieblingsprojekt, die Europameisterschaft in München. Dort haben wir Hand in Hand mit vielen Unternehmen der Gruppe gezeigt, was wir in Deutschland gemeinsam leisten können. Und das ist sicherlich ein Bereich, in dem wir weiterhin eine intensivere Zusammenarbeit mit der Gruppe suchen werden, um dann gemeinsam stärker im deutschen Markt aufzutreten.

Welche Entwicklungen sehen Sie bei den Studioproduktionen und wie haben sich die Anforderungen der Kunden in dieser Hinsicht verändert?

René Steinbusch: Die Nachfrage nach Studiodienstleistungen ist seit Jahren unverändert hoch. Auch während aller Covid-Restriktionen gab es keinen Rückgang. Ganz im Gegenteil: Es führte zu einer hohen Auslastung der Studioproduktionen als Alternative zu aufwendigen On-Location-Produktionen. Jetzt haben wir eine Energie- und Wirtschaftskrise und die Nachfrage nach Studioproduktionen ist nach wie vor sehr hoch. Die Sender suchen nach einer vergleichsweise kostengünstigen Möglichkeit, Inhalte zu produzieren - und Studioproduktionen stehen derzeit ganz oben auf der Agenda. Wir arbeiten aber auch eng mit Produzenten und Sendern zusammen, um Konzepte zu entwickeln, die Synergien zwischen verschiedenen Programmen schaffen und Arbeitsabläufe effizienter gestalten. Deshalb blicken wir sehr positiv in die Zukunft.

Wie sieht eine solche Zusammenarbeit mit Rundfunkanstalten aus?

René Steinbusch: Aktuell hat Sat.1 mit uns die neue und mutige Sendung "Volles Haus" gestartet. Dafür haben wir unseren Standort hier in Hürth in das Redaktions- und Produktionsnetzwerk von ProSiebenSat.1 integriert, um Prozesse zu automatisieren und Kunden eine standortübergreifende Zusammenarbeit zu ermöglichen. Das bedeutet vor allem den Austausch von Daten, aber auch die Schaffung einheitlicher Kommunikationswege. Das hört sich als Anforderung zunächst ganz einfach an, ist aber aus technischer Sicht natürlich sehr zeitaufwendig und komplex, vor allem bei Live-Übertragungen. Das alles ist für unsere Kunden auch viel wichtiger als die Diskussion, ob eine Sendung in UHD/HDR produziert werden soll. Letztlich geht es um Produktionseffizienz und Zuverlässigkeit.

Wettbewerber wie TVN und Plazamedia haben sich in letzter Zeit auf den Bau von virtuellen / XR-Studios konzentriert. Wie beurteilen Sie den Trend, Produktionen mit LED- oder Greenscreen und augmentierten Elementen umzusetzen?

René Steinbusch: Wir in der Gruppe verfolgen das mit großem Interesse. Für unser ursprüngliches, klassisches Kerngeschäft bei der EMG Deutschland, also Unterhaltungs- und Spielshows sowie Magazinsendungen, sehe ich den Trend im Moment nicht. Dort steht nach wie vor die reale Dekoration im Vordergrund, und ich denke, das wird auch noch einige Zeit so bleiben. Sie muss auch einen starken, echten Nutzen für unsere Kunden haben. Es gibt Bereiche, in denen es im Moment Sinn macht, aber gerade im Unterhaltungsbereich ist der Mehrwert und die Effizienz nicht immer realisierbar.

Wie werden technische Entscheidungen innerhalb der EMG-Gruppe getroffen? Gibt es abgestimmte Beschaffungsmaßnahmen?

René Steinbusch: Die Investitionsentscheidungen werden jetzt komplett auf Konzernebene unter Einbeziehung aller Länderchefs, also auch mir, getroffen. Wir diskutieren gemeinsam, in welche Bereiche oder welche Projekte wir investieren wollen und entscheiden unter Berücksichtigung der Bereiche Technik, Vertrieb, Produktion und Finanzen. IP- und Cloud-basierte Technologien werden für uns in Zukunft sicherlich immer wichtiger werden, nicht zuletzt um bei Bedarf auch Remote-Produktionen durchführen zu können. Wichtig ist auch, immer mehr Produktionsregien, Ü-Wagen und Flightcases auf die gleiche IP-Produktionsplattform zu migrieren. Aber dem Kunden eine Technologie anzubieten, nur weil man sie hat, ist nicht mehr zeitgemäß. Es geht darum, eine komplexe Broadcast-Lösung anzubieten, bei der alle Bereiche ineinandergreifen. Dabei kann es sich um eine IP-basierte Lösung handeln, aber auch um Legacy-Technologie. Es geht viel mehr um den Zweck, für den die Technologien gedacht sind und welchen Mehrwert neue Investitionen bieten.

Welche Rolle spielt das Ü-Wagen-Geschäft für die EMG im Allgemeinen und für die EMG Deutschland im Besonderen?

René Steinbusch: Innerhalb der Gruppe ist der Bereich der Außenübertragung mit Abstand am stärksten. Insofern ist es ein zentrales Ziel und auch eine Herausforderung für mich, uns in diesem Bereich deutlich stärker an die Gruppe zu binden. Vorerst werden wir uns aber weiter auf die Studios konzentrieren. Wir haben in Deutschland eine hervorragende Infrastruktur mit sehr vielen, sehr guten Dienstleistern. Und das muss man natürlich in die Bewertung einbeziehen. Nichtsdestotrotz evaluieren wir regelmäßig den Bereich der Außenübertragung innerhalb der Gruppe. Wir schauen derzeit mehr in Richtung Cloud und Remote-Infrastrukturen. Wir glauben, dass die EMG Deutschland in diesem Vertical ihre Stärken als kompetentes Produktionsset-Business, gepaart mit internationalem Remote- und Connectivity-Know-how, besser ausspielen kann.

Inwieweit werden sich Trends wie ferngesteuerte oder umweltfreundliche Produktionen auf das Außenübertragungsgeschäft auswirken?

René Steinbusch: Ich denke, wir haben in Deutschland noch Nachholbedarf beim Thema "grüne Produktion". Das bezieht sich aber nicht nur auf die Außenübertragung, sondern auf alle anderen Produktionsbereiche, wie zum Beispiel den Studiobetrieb. Das übergreifende Thema ist für uns also die nachhaltige Vernetzung von Produktionsstandorten und Medienhäusern. Wenn wir, wie eben erwähnt, Redaktions- und Produktionssysteme miteinander verknüpfen können, so dass die Kollegen in München aus der Ferne an einer Produktion teilnehmen können, die hier in Hürth stattfindet, ist das ein großer Gewinn, nicht zuletzt für die Klimabilanz. Dieser Gedanke hat auch dazu geführt, dass wir als EMG-Gruppe alle Aktivitäten, die mit Datenverbindungen und -übertragungen zu tun haben, in der Geschäftseinheit EMG Connectivity" gebündelt haben. Fazit: Wenn wir uns grundlegend besser vernetzen, ist das ein entscheidender Vorteil für jede Produktion, aber auch für die Umwelt.

Autor: mebucom.de / Niklas Eckstein